Lublin in Polen
Lublin hat italienisches Flair. An warmen Sommertagen sitzen Menschen in Cafés unter Sonnenschirmen. Im Litauischen Park nahe des Piłsudski-Denkmals spielen ältere Männer Schach und Kinder planschen zwischen den Wasserspielen. Die Stadt im Südosten Polens gehört zu den ältesten in Polen und kann mit einer historischen Innenstädte des Landes aufwarten. Vor allem die Renaissance hat hier ihre Spuren hinterlassen. Die Besucher der Stadt können viele Architekturdenkmäler bewundern. Zu den schönsten zählen das Rathaus aus dem 14. Jahrhundert, das zuletzt 1748 im klassizistischen Stil umgebaut wurde, und die Kathedrale aus dem 16. Jahrhundert. Ein großer Teil der Einwohner war jüdisch. Zeugnis der jüdischen Diaspora ist die einstige Schule der Weisen, die in den 1930er Jahren mithilfe von Spenden aus der ganzen Welt errichtet worden war.


Dreifaltigkeitskirche
Auf einem Hügel über der Stadt thront weithin sichtbar die Burg. Über ihre Außenmauern rag der Giebel einer Kirche hinaus, der zur Dreifaltigkeitskirche gehört. Ungewöhnlich und beeindruckend ist die russisch-byzantinische Polychromie (bunte Malerei) an ihren Kapellenwänden – einmalig in Polen. Die Dreifaltigkeitskirche entstand vermutlich auf Veranlassung von König Kazimierz Jagiellończyk (Jagiełło) um das Jahr 1400 herum. Den Auftrag erhielt eine Gruppe russischer Maler unter der Leitung von Meister Andrej. Die Malereien zeigen sakrale Szenen, haben aber auch weltliche Motive zum Inhalt. So zeigt beispielsweise ein Bild König Władysław Jagiełło auf einem Pferd. Die russische-byzantinische Polychromie wurde später (zwischen 1823 und 1826) verputzt und erst Ende des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt. Noch Ende des 19. Jahrhunderts entfernten Restauratoren den Putz. 1917 begannen die Konservierungsarbeiten, die – mit Unterbrechungen – bis 1997 andauerten.
Jüdisches Leben in Lublin
Am Fuße der Burg erstreckt sich der halbrunde, weitläufiger Schlossplatz (Plac Zamkowy). Er ist von Häusern umsäumt, deren Fassaden an die Architektur der historischen Altstadt anknüpfen. Alt sind sie nicht. Seine Gestalt erhielt der Schlossplatz erst in den 1950er Jahren. Bis 1942 stand die Burg inmitten des dicht bebauten jüdischen Viertels. Nördlich von ihr, dort, wo heute eine mehrspurige Straße verläuft, befand sich eine große Synagoge (Wielka Synagoga Maharszala i Maharama). In Lublin lebten vor dem II. Weltkrieg 43.000 Juden. Damit waren über 30 Prozent der Gesamtbevölkerung der Stadt jüdisch.
1942 ordneten die deutschen Besatzer den Abriss des Viertels an, nachdem sie die jüdischen Bewohner in Vernichtungslager deportiert hatten. Im jüdischen Gebetshaus in der ul. Lubartowska 10, dem einzigen von 140, das den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hat, gibt eine kleine Ausstellung einen Einblick in das jüdische Leben. Vor dem Zweiten Weltkrieg plante die Stadt, das jüdische Viertel umzugestalten. Die Pläne konnten wegen des Ausbruchs des Krieges nicht verwirklicht werden. Aber ein Fotograf lichtete im städtischen Auftrag die Häuser und mit ihnen zwangsläufig das Treiben auf den Straßen ab. Eine Auswahl von Fotos hängen im Gebetshaus. Das vollständige Bilderarchiv befindet sich im Kulturzentrum "Brama Grodzka – Teatr NN", das im gleichnamigen Grodzka-Tor, das einst den Übergang vom christlichen zum jüdischen Viertel markierte, untergebracht ist.
Am Stadtrand, im Stadtteil Majdanek, errichteten die deutschen Besatzer 1941 ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene, das ab 1943 als Konzentrationslager diente. 250.000 bis 360.000 Menschen ermordeten die Deutschen hier. Sie wurden erschossen, zu Tode gequält oder starben an Unterernährung. Nach dem Krieg nutzten die Sowjets das Lager und internierten dort Angehörige der polnischen Heimatarmee (AK). Heute befinden sich auf dem Gelände eine Gedenkstätte und ein Museum.

Leben im alten Lublin
Während des Ersten Weltkrieges verschlug es den schwedischen Fotografen und Reiseschriftsteller Sven Hedin nach Lublin. Seine Eindrücke schilderte er in seinem 1915 in Stockholm erschienenen Buch "Kriget mot Ryssland" (Krieg gegen Russland) [1],:
Am folgenden Morgen verlasse ich mit dem österreichischen Hauptmann Neumann die Erzherzöge und Kozłówka, um Lublin zu sehen, wo mich Ganghofer abholen soll. Lublin ist wirklich eine im allerhöchsten Grade pittoreske Stadt. Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf 70.000. Der neue Stadtteil mit vielen feinen Häusern liegt um den Ringplatz herum, wo sich nun das Oberkommando der 11. Armee befindet.
Wenn man vom Markt nach Osten geht, kommt man zu einer besonders schönen, bogenförmigen alten Pforte mit einem stämmigen Turm darüber. Dort hat man das Rathaus mit seiner Säulenfassade zur linken und zur rechten, obgleich etwas weiter vorn, die Kathedrale, aus deren mächtigem Glockenturm die Russen die Glocke geplündert haben.
Ein Stück weiter in derselben Richtung erhebt sich auf einem Hügel der alte Bischofspalast, der sowohl durch seine Länge als auch durch seine solide Architektur lebhaft an einen tibetanischen "Labrang" erinnert. Die Zitadelle mit ihrer von Zinnen gekrönten Mauer thront auch auf einer Anhöhe und dient nunmehr als Gefängnis.
Zwischen der Pforte, der Kathedrale und der Zitadelle befindet sich das Ghetto der Juden, ein Labyrinth enger Gassen in einem koupierten Terrain und Häusern, die gelb, hellrot oder rot angestrichen und mit Eisenbalkons versehen sind, wo Lea und Rebecka und ihre Schwestern sich den Tag damit vertreiben, dass sie dem Leben zusehen. Diese Gassen und Häuser und mit ihrer alttestamentarischen Staffage animieren im höchsten Maße dazu, sie mit dem Stift auf Papier zu bannen. Wohin man sich auch wendet, finden sich interessante Perspektiven und man bliebe gerne und zeichnete, hätte man nur Zeit.
Realunion zwischen Litauen und Polen
Lublin kann auf eine über 700-jährige Geschichte zurückblicken. Seit dem Jahr 1385 war das Königreich Polen durch eine Personalunion mit dem Großherzogtum Litauen verbunden. Als es im 16. Jahrhundert zu außenpolitischen Spannungen mit Russland kam, die die Existenz Litauens bedrohten, handelten Litauen und Polen. Der polnische König Sigismund II. August berief den Sejm (damals eine Ständeversammlung) nach Lublin ein, der am 10. Januar 1569 zusammentrat und bis zum 12. August desselben Jahres tagte. Die Teilnehmer, polnische und litauische Adelige, beschlossen die Umwandlung der Personalunion in eine Realunion, also in einen einheitlichen Staat. Es war die Geburtsstunde der Adelsrepublik (Rzeczpospolita). Gleichzeitig führte der Adel in Polen die Wahlmonarchie ein. Sie sollte den Fortbestand der Monarchie sichern, da König Sigismund kinderlos war. Faktisch bedeteutete die Einführung der Wahlmonarchie eines Schwächung Polens, die Ende des 18. Jahrhunderts in die Katastrophe der Teilung mündete. Weil der Adel die Realunion in Lublin besiegelte, wird sie auch als Lubliner Union bezeichnet.
Der Sejm tagte auf der Burg und einige Teilnehmer gaben dem Drang nach, sich in Form von Kritzeleien auf den Kapellenwänden der Dreifaltigkeitskirche zu verewigen. Die Graffiti aus der frühen Neuzeit sind erhalten geblieben. Neben dem Graffiti erinnert seit 1828 das Denkmal der Union von Lublin auf dem Plac Litewski (Litauischer Platz) an das politische Ereignis von 1569.
Bis in das 16. Jahrhundert hinein spielte Lublin eine wichtige politische Rolle in Polen und war eine wirtschaftlich prosperierende Stadt. Diesen Status bedrohte ausgerechnet ein Beschluss, den der Adel auf dem Sejm 1569 in Lublin gefasst hatte. Zum Krönungsort bestimmte er Krakau und zum Tagungsort des Sejm Warschau. 1596 wurde die Hauptstadt von Krakau nach Warschau verlegt. Nun lag Lublin nicht mehr am Weg zwischen der Hauptstadt und Litauen. Mit dem politischen Abseits war ein wirtschaftlicher Abschwung verbunden, der durch die Auswirkungen des Zweiten Nordischen Krieges (1655–1661) verstärkt wurde. Während der "Schwedischen Sintflut", wie dieser Krieg auch genannt wird, plünderten schwedische Soldaten die Stadt. 1661 konnte der schwedisch-polnische Thronstreit durch den Frieden von Kardis beigelegt und der Krieg beendet werden.
Die Johanneskathedrale
In der Lubliner Altstadt gibt es mindestens zehn katholische Kirchen und Klöster und eine orthodoxe Kirche:
- Dominikanerkloster (Klasztor Ojców Dominikanów), ul. Złota 9
- St.-Johannes-Kathedrale (Archikatedra św. Jana Chrzciciela i św. Jana Ewangelisty), ul. Królewska 10
- Sobór Przemienienia Pańskiego, ul. Ruska 15
- Kościół Karmelitów Bosych pw. św. Józefa, ul. Świętoduska 14
- Kościół Rzymskokatolicki pw. Świętego Ducha, ul. Krakowskie Przedmieście 1
- Kościół Rzymskokatolicki Pw. św. Piotra Apostoła w Lublinie, ul. Królewska 9
- Kościół pw. Nawrócenia św. Pawła, ul. Bernardyńska 5
- Kościół Rzymskokatolicki pw. św. Piotra i Pawła, ul. Krakowskie Przedmieście 44
- Kościół Rzymskokatolicki pw. Wniebowzięcia Najświętszej Maryi Panny Zwycięskiej w Lublinie, ul. Gabriela Narutowicza 6
- Kościół pw. Nawrócenia św. Pawła, ul. Bernardyńska 5
Die größte und bedeutendste unter ihnen ist die Johanneskathedrale. Jesuiten bauten sie zwischen 1592 und 1617 nach Plänen des italienischen Baumeisters Giovanni Maria Bernardoni. Sie gehört zu den ersten barocken Sakralbauten in Polen. Das Innere der dreischiffigen Kirche beeindruckt durch ihre illusionistische Malerei von Josef Mayer aus dem 18. Jahrhundert, die dem Betrachter das Vorhandensein von baulichen Elementen vorgaukelt, die es nicht gibt. Ein besonderes Erlebnis ist der Besuch der Flüstersakristei. Der kleinste Laut in der einen Ecke ist in der diagonal gegenüberliegenden Ecke klar und deutlich zu hören. Einen Kontrast zur barocken Fassade stellt ein klassizistischer Vorbau mit Säulen, ein sogenannter Portikus, aus dem Jahr 1820 dar. Vermutlich sollte der Portikus den Kirchenbau aufwerten und mächtiger erscheinen lassen. Schließlich wurde die Kirche im Zuge der Gründung der Diözese Lublin in den Rang einer Kathedrale erhoben. Der großzügige Vorplatz entstand durch den Abriss des Jesuitenklosters.
Nicht weit von der Johanneskathedrale entfernt, in der ul. Wyszyńskiego 6, steht ein Priesterseminar. Hier werden neben katholischen Priester auch Geistliche der griechisch-katholischen Kirche ausgebildet. Ihr gehören die Lemken und Bojken an, eine ukrainisch-stämmige Minderheit. Zwar haben sich die Lemken und Bojken 1596 in der Kirchenunion von Brest dem Papst unterworfen, ihre orthodoxe Liturgie behielten sie jedoch bei. Ihr Priesterseminar zog nach dem Zweiten Weltkrieg aus der heutigen Westukraine nach Lublin um.
Unterirdische Route
Unter dem Gebäude des Krontribunals auf dem Markt beginnt eine unterirdische Route, die unter der Altstadt hindurch durch Brama Grodzka führt. Sie führt auf 200 m Länge durch 14 Räume. Führungen finden regelmäßig statt.
Das Zamoyski-Schloss
Etwa 35 Kilometer von Lublin entfernt - im Dorf Kozłówka - befindet sich das Zamoyski-Schloss aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das im Barock-Stil errichtete Gebäude wurde in den Jahren zwischen 1898 und 1911 noch einmal umgebaut. Es erhielt Öfen aus Meißner Porzellan und kunstvolle Parkettfußböden. Und die Schlossbesitzer statteten es mit den Annehmlichkeiten der Zivilisation aus: Wasserleitungen, Kanalisation und Bäder. Die Kapelle, für deren Bau die Schlosskapelle in Versailles als Vorbild gedient hatte, erhielt eine Fußbodenheizung. Besonders wertvoll ist das Schloss mit seiner Parkanlage und den Wirtschaftsgebäuden, weil die Inneneinrichtung und die Bildersammlung beinahe vollständig erhalten sind. (fh)
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Wirtschaft
Lebensmittelindustrie, Maschinenbau, Metallverarbeitung
Einwohner
Hauptstadt der Wojewodschaft Lublin mit rund 350.000 Einwohnern. Damit ist Lublin die größte Stadt in Ostpolen.
Bildung:
Maria-Curie-Skłodowska-Universität (Uniwersytet Marii Curie-Skłodowskiej, UMCS), Katholische Universität Lublin (Katolicki Uniwersytet Lubelski, KUL), Medizinische Universität Lublin (Uniwersytet Medyczny w Lublinie), Naturkundliche Universität Lublin (Uniwersytet Przyrodniczy w Lublinie), Technische Universität Lublin (Politechnika Lubelska)
Sehenswürdigkeit
Museum für Geschichte der Stadt Lublin – Krakauer Tor (Muzeum Historii Miasta Lublina - Brama Krakowska)
pl. Władysława Łokietka 3
20-109 Lublin
Tel.: +48 81 5326001
E-Mail: bramakrakowska@muzeumlubelskie.pl
Internet: zamek-lublin.pl/muzeum-historii-miasta-lublina
Touristeninformation
Lubelski Ośrodek Informacji Turystycznej i Kulturalnej
Jezuicka 1
20-111 Lublin
Tel.: +48 (0) 81 5324412
E-Mail: info@loitik.eu