Wollin (Wolin) – Stadt in Polen
Reich sollen sie gewesen sein. So reich, dass sie ihre Schweine aus goldenen Trögen fressen ließen. Für ihren Hochmut und ihre Verschwendungssucht wurden die Bewohner der sagenumwogenden Stadt Vineta bestraft. Eine Wasserfrau erschien der Sage nach und sagte, kurz bevor eine riesige Welle die reiche Stadt verschluckte:
Vineta, Vineta, du reiche Stadt. Vineta soll unnergahn, wieldeß se het väl Böses dahn!


Ob bei Wollin die Stadt Vineta unterging, ist historisch nicht bewiesen. Wollin selbst zählte vor 1.000 Jahren jedoch zu den reichsten Städten. 8.000 Menschen sollen in ihr, damals eine Wikingerstadt, die man Julin, Jumne oder Jomsburg nannte, gewohnt haben. Für die damalige Zeit schon fast eine Megametropole.
Adam von Bremen schrieb 1080 in seiner Bischofsgeschichte der Hamburgischen Kirche:
[…] da bietet die sehr berühmte Stadt Jumne für Barbaren und Griechen in weitem Umkreise einen vielbesuchten Treffpunkt […] Es ist wirklich die größte von allen Städten, die Europa birgt; in ihr wohnen Slawen mit anderen Stämmen, Griechen und Barbaren. Auch die Fremden aus Sachsen haben gleiches Niederlassungsrecht erhalten, wenn sie auch während ihres Aufenthaltes ihr Christentum nicht öffentlich bekennen dürfen. […] Die Stadt ist angefüllt mit Waren aller Völker des Nordens, nichts Begehrenswertes oder Seltenes fehlt.
So viel Reichtum rief Begehrlichkeiten hervor. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Stadt in die Auseinandersetzungen der Nachbarn Polen und Dänemark geriet und im 11. Jahrhundert mehrmals geplündert und gebrandschatzt wurde. Trotz der Zerstörungen konnte sich die Stadt zunächst behaupten und 1140 erhob Papst Innozenz II. die Stadt zum ersten Bischofssitz in Pommern. Als die Dänen 1173 die Stadt erneut überfielen, verlegte Bischof Konrad I. seinen Sitz nach (Cammin heute: Kamień Pomorski). Damit war das Schicksal der Stadt besiegelt. Von der Zerstörungen hat sie sich wirtschaftlich nicht wieder vollständig erholen können, obwohl sie im 14. Jahrhundert auch der Hanse beitrat. Immerhin erhielt Wollin 1277 das Stadtrecht nach lübischen Recht und 1317 eröffneten Zisterzienserinnen eine Stadtschule.
Historische Bauten existieren nur noch wenige, weil Wollin in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges fast vollständig zerstört wurde. Ausgerechnet einige neogotische Gebäude, darunter das Rathaus, haben den Krieg überstanden. Die spätgotische Nikolaikirche haben die Wolliner nach dem Krieg wieder aufgebaut, 1978 zunächst den Kirchenturm und nach 1988 auch das Kirchenschiff.
Wikinger-Freilichtmuseum
An die frühmittelalterliche Geschichte knüpft die Stadt, die nur wenige Kilometer von Swinemünde (Świnoujście) und dem Ostseebad Misdroy (Międzyzdroje) entfernt liegt, mit dem 2001 gegründeten Freilichtmuseum „Slawen- und Wikingersiedlung Wollin“ (polnisch: Stowarzyszenie Cenrum Słowian i Wikingów Wolin – Jomsberg – Wineta“) an. Hier können die Besucher nicht nur sehen, wie die Menschen in der damaligen Zeit lebten. Anfassen und Mitmachen ist ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes der originalgetreu nachgebauten frühmittelalterlichen Siedlung. Die Mitarbeiter des Museums bieten auch archäologische Workshops an.

Einmal im Jahr, immer Anfang August, findet in Wolin ein dreitägiges Wikingerfestival statt. Freunde des Spektakels, in mittelalterliche Gewänder als Wikinger, Slawen oder Balten gekleidet, schlagen in Wollin ihre Zelte auf, schmieden Eisen, stellen frühmittelalterlichen Schmuck her oder flechten Kettenhemden. Währenddessen segeln auf dem Fluss Dwina Wikingerschiffe, die mit Schlangen und Drachenköpfen verziert sind. Die größte Attraktion bilden jedoch nachgestellte Schlachten, an denen unter lautem Gejohle dem Klirren schwerer Schwerter Hunderte begeisterter Freizeit-Krieger teilnehmen.
Einen Besuch ist auch das Regionalmuseum (polnisch: Muzeum Regionalne) wert, das zwar eine bescheidene, aber eindrucksvolle Sammlung verschiedenster Relikte ( z. B. Keramik, Mahlsteine und andere Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs) aus der Frühgeschichte Wollins, als es noch Jomsberg bzw. Wineta genannt wurde, beherbergt. Das kleinste der musealen Artefakte ist zugleich auch das bedeutendste: Es handelt sich hierbei um eine knapp 6 cm große Figur der vielköpfigen slawischen Gottheit Svantovit (Świętowit), die 1974 in einer Neubausiedlung in Wollin ausgegraben wurde. Zur Erinnerung wurde an der Fundstelle eine große Replik des kleinen heidnischen Gottes aufgestellt. (fh)
Sehenswürdigkeiten in Wollin
- Rathaus, erbaut 1881 im neogotischen Stil, ul. Zamkowa 23
- Neobarocke Postgebäude aus dem Jahr 1900, ul. Zamkowa 22
- Gotische Pfarrkirche St. Nikolai in der ul. Wojska Polskiego: Der Sakralbau, dessen Geschichte bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht, wurde 1945 fast vollständig zerstört und ab den 1970er Jahren wieder aufgebaut.
- Regionalmuseum Andrezj Kaube (Muzeum Regionalne im. Andrzeja Kaubego) in der ul. Zamkowa 24: Ausgestellt sind archäologische Fundstücke, darunter Bernsteinschmuck, eine 10.000 Jahre alte Knochenharpune, ein Skelett aus dem 11. Jahrhundert und ein Bronzeschatz. Bestandteil der Ausstellung ist auch ein Modell der Stadt Wollin, wie sie vor ihrer Zerstörung 1945 ausgesehen hat.
- Barockes Herrenhaus der Familie von Below in der ul. Zamkowa 23a (hinter dem neogotischen Rathaus): Das Herrenhaus wurde an der Stelle in Wollin errichtet, an der im 13. und 14. Jahrhundert das Schloss der pommerschen Greifenherzöge stand. Es wurde auch Witwenschloss genannt, weil hier die Fürstin Anna Maria von Brandenburg, die Witwe des 1603 verstorbenen Fürsten Barnim XII, und die Sophie von Sachsen, die Witwe des Herzog Franz von Pommern-Stettin, residierte. Später befand sich an dieser Stelle ein Zisterzienserinnen-Kloster, das in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts von den Schweden abgerissen wurde. Das Schloss wurde zwischen 2009 und 2012 restauriert und dient heute als Internationales Kulturzentrum (Kulturalne Centrum Współpracy Międzynarodowej).
- Freilichtmuseum "Slawen- und Wikingersiedlung Wollin" (polnisch: Stowarzyszenie Cenrum Słowian i Wikingów Wolin – Jomsberg – Wineta“), ul. Recław 37
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Wollin (Wolin), Polen25.03.2023 – 18:29 Uhr
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Sehenswürdigkeit
Freilichtmuseum Slawen- und Wikingersiedlung Wollin (Stowarzyszenie Cenrum Słowian i Wikingów Wolin – Jomsberg – Wineta“)
Recław 37
72-410 Wolin
Tel.: +48 605 640644
E-Mail: stowarzyszenie@jomsborg-vineta.com
Internet: www.jomsborg-vineta.com