Szczebrzeszyn in Polen
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Barbara Anna Woyno M. A. – Übersetzungen Polnisch-Deutsch-Polnisch

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Szczebrzeszyn in Polen

"W Szczebrzeszynie chrząszcz brzmi w trzcinie." Schon für die meisten Polen ist dieser aus einer Aneinanderreihung von Zischlauten bestehende Zungenbrecher, der übersetzt "In Szczebrzeszynie tönt der Käfer im Schilfrohr" lautet, unaussprechlich. Für Nichtmuttersprachler stellt er eine unüberwindbare Hürde dar.
Aber nicht nur wegen des Zungenbrechers ist die Stadt einen Ausflug wert. Es gibt noch eine Reihe von Sehenswürdigkeiten, zu denen zwei katholische Kirchen und eine Synagoge, alle aus dem 17. Jahrhundert, und ein jüdischer Friedhof gehören. Einen Besuch wert ist auch die orthodoxe Kirche, deren Geschichte bis in das 12. Jahrhundert zurückreichen soll.

Denkmal für den Käfer von Jan Brzechwa in Szczebrzeszyn Polen Fotos
Das Denkmal, das an den Zungenbrecher aus dem Gedicht "Der Käfer" erinnert. Fotos: Frank Hilbert

Der Zungenbrecher, der Szczebrzeszyn in ganz Polen bekannt gemacht hat, ist die erste Zeile des Kindergedichts "Chrząszcz" (Käfer) und stammt aus der Feder von Jan Brzechwa (1898–1966). An den berühmten Zungenbrecher erinnert ein Denkmal auf dem Marktplatz, das einen auf einer Geige spielenden Käfer darstellt, der – bekleidet mit Frack und Zylinder – sehr elegant aussieht.

Der Marktplatz ist auch ein hervorragender Ausgangspunkt für eine Tour durch Szczebrzeszyn. An seiner Westseite steht die Kirche des heiligen Nikolaus (Parafia św. Mikołaja) aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, für deren Bau die Stiftskirche in Zamosć als Vorbild diente. Initiiert wurde der Kichenbau von Mikołaj Kisłicki, einem Priester und Dekan des Stiftskapitels in Zamosć. Es handelt sich um eine Hallenkirche mit einem dreistöckigen Turm, den ein barocker Helm krönt. Besonders sehenswert ist das mit Stuck verzierte Gewölbe aus der Bauzeit. Beachtenswert ist auch eine Steinplatte mit dem Gründungsakt der Kirche und dem Wappen der Familie Zamoyski, die sich in einer Nische des Presbyteriums befindet. Vom Marktplatz gelangt man durch ein repräsentatives barockes Tor aus dem 18. Jahrhundert auf das Kirchengelände, auf dem noch ein freistehender Glockenturm, eine Turmkapelle und ein Bildstock der Jungfrau Maria, alle aus der Bauzeit der Kirche, stehen.

Südlich vom Marktplatz erhebt sich die Katharinenkirche (Kościół św. Katarzyny), die ebenso wie die Nikolauskirche aus dem 17. Jahrhundert stammt. Bauherren waren die Franziskaner. Ihr Kloster, das direkt neben der Kirche steht und durch einen inzwischen zugemauerten Kreuzgang mit ihr verbunden war, wurde 1783 geschlossen und in eine Kaserne umgewandelt. Seit dem 19. Jahrhundert dient es als Hospital. Zur Inneneinrichtung der Katharinenkirche gehört ein spätbarocker Altar.

An die jüdischen Einwohner der Stadt erinnern die ehemalige Synagoge aus dem 17. Jahrhundert und der jüdische Friedhof, der im 16. Jahrhundert angelegt worden ist. Die Synagoge und der Friedhof nutzte die jüdische Gemeinde bis zum Zweiten Weltkrieg (1939–1945), bis die deutschen Besatzer die schätzungsweise 4.400 jüdischen Einwohner 1942 im Verlauf der Aktion "Reinhardt"[1] ermordeten. 3.500 von ihnen brachten sie auf den Straßen, in Häusern, auf dem jüdischen Friedhof und in einer Kiesgrube in Szperówka um. Die übrigen 900 Juden pferchten sie in Züge, transportierten sie ins nahe gelegene Vernichtungslager Bełżec und ermordeten sie dort. Augenzeuge der Deportation wurde der Pole Zygmunt Klukowski, der seine Beobachtungen am 8. August 1942 in seinem Tagebuch festhielt:

Die Juden bieten einen schrecklichen Anblick – überwiegend in Lumpen, Frauen mit kleinen Kindern auf den Armen. In den Gesichtern zeichnen sich geradezu tierische Angst und abgrundtiefe Verzweiflung ab. Sie verhalten sich vollkommen ruhig, man hört weder Weinen noch Wehklagen. Die jüdischen Häuser sind menschenleer, einige Wohnungen stehen offen. Die Magistratsboten bringen zurückgelassene Sachen und versteckte Ware weg. Vollbeladene Fuhrwerke mit den verschiedenartigsten Dingen in Säcken und Bündeln habe ich gesehen. – Übrigens haben die meisten Juden sich so versteckt, dass sie nicht auffindbar sind. Ziemlich viele Polen, vor allem junge Männer, helfen eifrig bei der Suche nach Juden [...] Vor 8 Uhr am Abend haben sie damit begonnen, die Juden aus der Halle wegzubringen. Einige ergriffen die Flucht, dann begann eine wilde Schießerei, u. a. in unserer Straße. Unter den Polen, die sich zahlreich auf der Straße eingefunden hatten, brach schreckliche Panik aus, alles, was Beine hatte, floh und suchte in den Häusern Zuflucht. Kurz darauf wurden alle Juden zur Bahnstation geführt, genauer gesagt getrieben, einige Frauen und gebrechliche Alte fuhren auf Pferdewagen hinterher. Wer zauderte, wurde mit Knüppeln, Peitschen usw. geschlagen. [2]
Synagoge in Szczebrzeszyn in Polen
Die ehemalige Synagoge aus dem 17. Jahrhundert dient inzwischen als Kulturzentrum.

Die Synagoge ließen die deutschen Besatzer als Ruine zurück. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut und dient heute als Kulturzentrum. Teile der Einrichtung, die Bima und Fragmente des Fries, wurden nicht zerstört und können bestaunt werden.
Der jüdische Friedhof ist erhalten geblieben und steht Besuchern offen. Von der Synagoge aus gelangt man zu ihm, indem man zuerst der ul. Sądowa und anschließend der ul. Cmentarza folgt. Nach etwa 500 m steht man vor der Pforte zum jüdischen Friedhof. Zwar wurde er von den Deutschen zerstört und anschließend geplündert. Aber es sind noch etwa 400 Grabsteine vorhanden, von denen der älteste von 1545 stammt. Ein kleines Denkmal auf dem Friedhof erinnert an die Ermordung der einheimischen Juden während der deutschen Besatzungszeit.

Nur wenige Meter von der Synagoge entfernt steht die orthodoxe Kirche Mariä Entschlafung, die hier im 16. Jahrhundert anstelle einer anderen Kirche errichtet wurde. Fragmente des Vorgängerbaus aus dem 12. Jahrhundert soll es noch geben. Im Verlauf ihrer Geschichte gehörte sie der katholischen, der protestantischen, der unierten und schließlich, bis heute, der orthodoxen Kirche. Das Gotteshaus kann zu jeder vollen Stunde besichtigt werden. Ihre ursprüngliche Innenausstattung aus dem 16. Jahrhundert ging verloren. Aber bei Restaurierungsarbeiten zwischen 2008 und 2010 wurden Fresken aus dem 17. Jahrhundert freigelegt, die Szenen aus der Apokalypse und Passionsszenen darstellen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch gleich die im Ersten Weltkrieg (1914–1918) zerstörte Ikonostase restauriert. Die Kirche ist einschiffig und nicht besonders groß. Ihre farbenfrohe Inneneinrichtung kann man sich auf Google Street View, 360°-Foto ansehen. (fh)

Sehenswürdigkeiten

  • Denkmal für den Käfer aus dem gleichnamigen Gedicht
    Adresse: Plac Tadeusza Kościuszki 1
  • Kirche des heiligen Nikolaus (Parafia św. Mikołaja)
    Adresse: ul. Kościelna 1
  • Katharinenkirche (Kościół św. Katarzyny)
    Adresse: ul. Klukowskiego 1
  • Ehemalige Synagoge
    Adresse: ul. Sądowa 3
  • Jüdischer Friedhof
    Adresse: ul. Cmentarna 30
  • Orthodoxe Kirche Mariä Entschlafung
    Adresse: ul. Sądowa
  • Museum der alten Uhren, im Rathaus
    Adresse: Plac Tadeusza Kościuszki 1
  • Museum des Roztocze-Nationalpark in nahe gelegenen Zwierzyniec

 

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Anmerkungen

  1. Die Aktion "Reinhardt" hatte die Ermordung aller Juden im Generalgouvernement im von Deutschen besetzten Polen zum Ziel.
  2. Dariusz Libionka, Die Ermordung der Juden im Generalgouvernement, Metropol Verlag, Berlin, 2021, S. 206 f.

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