Galkowen (Gałkowo) – der Salon von Marion Gräfin Dönhoff
Das dunkle Jagdhaus aus dem 19. Jahrhundert wirkt ein wenig wie ein Fremdkörper. Von einer Anhöhe blickt es stolz auf die masurischen Holzhäuser von Gałkowo (dts. Galkowen) herab, die die Zeit tief in die Erde gedrückt hat. Einen verfallenen Eindruck machen die alten Bauerhäuser jedoch nicht. Fleißige Städterhände werkeln auch an diesem milden Nachmittag an den Dächern und Fassaden der heutigen "Sommerlauben". Auf dem Parkplatz des Jagdhauses reiht sich eine Limousinen mit Warschauer Kennzeichen an die nächste. Auf der Terrasse dominieren braune Louis-Vuitton-Täschchen und Ralf-Lauren-Polos. Offensichtlich ist dieser Ort bei der Warschauer Schickeria stark angesagt.

Das ehemalige Jagd- und Forsthaus wurde in dem achtzig Kilometer entfernten Steinort (Sztynort) abgetragen und unter Aufsicht des Denkmalschutzes nach Gałkowo versetzt und restauriert. Nun betreibt hier Aleksander Potocki, Sohn des polnischen Grafen Władysław Potocki und der deutschen Journalistin Renate Marsch, die viele Jahre als DPA-Korrespondentin in Warschau lebte, seit 2007 ein Gasthaus. Die Stelle wurde wohl mit Bedacht ausgewählt. Unweit des Gasthauses befindet sich das großes Gestüt "Ferenstein", auf dem die wohlbetuchten Warschauer ihre Kinder reiten lassen. Auch Stars wie der polnischen Schauspieler Borys Szyc, der die Hauptrolle in dem unlängst in den Kinos angelaufenen historischen Epos "1920. Die Schlacht von Warschau" spielt, lassen sich in Gałkowo gern hoch zu Ross von der Presse ablichten. Die umliegenden Seen laden zum Baden, Bootfahren oder Angeln ein.
Ein besonderes Denkmal haben die Betreiber des Gasthauses der langjährigen Chefredakteurin der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit", Gräfin Marion Dönhoff, gesetzt: In einem Raum über dem Restaurant des nach Gałkowo versetzten Jagdhauses richteten sie eine Gedenkstube mit Bildern und Büchern ein, die an die mittlerweile verstorbene Grande Dame erinnern. Ihrer verlorenen ostpreußischen Heimat zutiefst verbunden, schloss Dönhoff sich in den siebziger Jahren der Ostpolitik von Willy Brandt an und tauschte ihre bis dahin rege Hoffnung auf eine Rückkehr auf die verlorenen Adelsgüter im Osten gegen eine aktive Mitarbeit an der deutsch-polnischen Annäherung ein. Im Gasthaus von Gałkowo laufen die Fäden der Geschichte zusammen: Der letzte Eigentümer war Heinrich von Lehndorff, der zugleich auch der letzte Besitzer von Steinort war. Er gehörte zum Kreis der Hitlerattentäter vom 20. Juli 1944 und wurde nach dem missglückten Attentat hingerichtet. Marion Gräfin Dönhoff, die jetzt im Gasthaus ihren "Salon" hat, war seine Cousine und Jugendfreundin. (fh)
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Galkowen (Gałkowo), Polen28.03.2023 – 02:14 Uhr
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